Stefans Reise: Von der Sucht zur sozialen Verantwortung

20.03.2025 | Blog >

Stefan lebt nun zum zweiten Mal in einer betreuten Vivazzo Wohngemeinschaft. Nach einer Suchterkrankung ist er nun Clean, engagiert sich in Hilfsorganisationen und bereitet sich auf ein erneutes eigenständiges Wohnen vor. Im Text gibt er Einblicke in seine Zeit. 

Stefan sitzt am Küchentisch der WG-Magnolie, vor ihm ein dampfender Kaffee. Auf die Frage nach dem Anfang seiner Vivazzo Geschichte erinnerte er sich an einen Tag im Jahr 2014: Damals war er gerade in der Forel Klinik, um seine Sucht zu bekämpfen. «Ich suchte als Anschlusslösung eine betreute WG, um mich zu festigen, ohne therapeutisches Umfeld, aber mit Freiheiten», erzählte er. So sei er auf die WG Weide der Vivazzo Stiftung in Tann aufmerksam geworden und hätte sich beworben. Kurze Zeit später wurde er zum Kennenlern-Abendessen eingeladen. «Es hat mir von Anfang an gefallen. Sie hatten damals noch einen Whirlpool, das war richtig cool», fügt Stefan schmunzelnd hinzu. 

Die Anfangszeit bei der Vivazzo Stiftung war für Stefan entspannt. «Ich hatte schon in mehreren WGs gelebt und kannte das gemeinsame Wohnen. Für mich war es wichtig, dass ich nicht allein bin und keine Substanzen in meinen eigenen vier Wänden habe», erklärt er. Acht Monate lang lebte er damals in der WG Weide und arbeitete weiterhin in seinem Beruf als Zügelmann. Dann zog er aus der begleiteten WG aus in Richtung Winterthur und Selbständigkeit.  

Viel profitiert von WG 

Sechs Jahre nach seinem Auszug aus der WG, erlebte Stefan einen Rückfall. «Da wusste ich, ich brauche wieder einen Rahmen», erzählt er. Nach einem weiteren Aufenthalt in der Klinik nahm er Kontakt zur Vivazzo Stiftung auf und fand im Mai 2023 einen Platz in der WG Magnolie. «Gaby, die Leiterin der Wohngruppen, kannte mich noch und so bekam ich den Platz», erinnert sich Stefan zurück. Auch heute lebt er noch in der WG Magnolie.  

Stefan findet für seine zweite Zeit in der begleiteten WG viele lobende Worte. «Ich konnte von Gaby mega viel profitieren», erzählt Stefan dankbar. «Sie half mir, meine finanzielle Situation zu organisieren und legte mir ans Herz, einen freiwilligen Beistand für die Finanzen zu suchen. Ich bin unglaublich froh, dass ich das gemacht habe. Kontrolle über meine Finanzen hat mir viel Freiheit geschenkt». Weiter habe er in seiner Vivazzo Zeit seine Grenzen besser kennengelernt und habe grosse Fortschritte in seiner persönlichen Entwicklung machen können. Auch mit der Stimmung in der WG ist er zufrieden: «Ich muss der Stiftung ein Kompliment machen, sie schauen gut, wer beim Wohnen zusammenpasst», lacht er. Der Rahmen, den er sich von der betreuten WG gewünscht hatte, wurde ihm geboten.  

Beitrag an die Gesellschaft leisten 

Einer dieser wichtigen erwähnten Entwicklungsschritte der vergangenen zwei Jahre war die Arbeit. «Ich wollte wieder arbeiten, am liebsten als Streetworker», erzählt Stefan. So kam er zu seinem Engagement bei der Pfarrer Sieber Stiftung. Er begann dort in der Küche zu arbeiten und kochte für die Bewohnenden, bevor er verschiedene Weiterbildungen innerhalb der Stiftung Pfarrer Sieber absolvierte: «Heute gehe ich im Rahmen des «Pfuusbus» der Stiftung Pfarrer Sieber im Winter auf Kältepatrouille und helfe Obdachlosen in der Stadt Zürich.»  

Doch Stefan engagiert sich auch ausserhalb der Pfarrer Sieber Stiftung: Viermal pro Woche leitet er ein Meeting für eine Selbsthilfegruppe rund um Suchtmittel. Weiter begleitet Stefan im Rahmen von Freiwilligenarbeit zwei Senioren: «Wir kochen zusammen, diskutieren, machen Ausflüge und verbringen gemeinsame Zeit». Er wolle mit seinem sozialen Engagement einen Beitrag an die Gesellschaft leisten, denn viele Menschen werden allein gelassen: «Ich verstehe die Menschen am Rand der Gesellschaft, die allein und unten sind, mit denen kann ich mitfühlen».  

Ausbildung als Ziel 

Für die Zukunft möchte er sein soziales Engagement noch vertiefen und bei der Stiftung Sieber eine Peer-Ausbildung machen. Damit könnte er eine Schnittstellenfunktion zwischen Fachpersonen und Obdachlosen/Süchtigen einnehmen. «Mit dieser Ausbildung kann ich auch in Psychiatrien arbeiten», erklärte er, «das hat mich schon immer gereizt». Er möchte sich dieses Jahr nochmals für die Ausbildung bewerben, nachdem es letztes Jahr noch nicht geklappt hat. Sollte er die Ausbildung beginnen können, möchte er noch etwas in der Vivazzo WG wohnen bleiben: «Ich habe schon lange keine schulische Ausbildung mehr gemacht und wäre sicher in der Anfangszeit froh um Unterstützung und Struktur», erklärt Stefan augenzwinkernd. Mittelfristig möchte er aber wieder in eine eigene Wohnung ziehen, am liebsten in Glarus.  

Eigenverantwortung, Ethikforum und Augenhöhe  

«Ich würde die WGs der Vivazzo Stiftung jeder Person empfehlen, die etwas aus sich machen will. Personen, welche die Bereitschaft haben, an sich zu arbeiten. Wenn jemand einfach konsumieren und sich zurücklehnen will, ist es hier der falsche Ort. Hier in den WGs hat man von Anfang an viel Selbständigkeit. Hier muss man auch ein wenig miteinander zusammenleben wollen, mal etwas kochen, reinigen, und einem Job nachgehen. Die WGs hier sind zwar betreut, aber halt minimal betreut. Wer das nicht kann oder will, für den gibt es niederschwelligere und bessere Angebote innerhalb der Stiftung.»  

Auf die Frage, ob er abschliessend noch etwas über seine Erfahrung in der Vivazzo Stiftung sagen wolle, erklärt Stefan: «Das Ethikforum der Vivazzo Stiftung schätze ich besonders. Es ist ein Diskussionsort zwischen Klienten und Fachpersonen, wo wir auch komplexere Probleme aus der Klienten-Sicht diskutieren können.» Bei der Vivazzo erlebe er den Umgang zwischen Fachpersonen und Klienten als sehr offen und auf Augenhöhe, was nicht selbstverständlich sei. Trotzdem sei das Ethikforum ein wichtiger Ort, um Dinge ansprechen zu können. 

 

Severin Kolb, Marketing & Kommunikation Vivazzo Stiftung

 

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