Wie gelingt Freizeit in den Vivazzo Wohnbereichen?

18.06.2025 | Blog >

Sollen Bewohnende innerhalb der Vivazzo Stiftung bewusst zu Aktivitäten in ihrer Freizeit animiert werden? Oder ist die Freizeitgestaltung Sache jedes Einzelnen? Die Fachpersonen Christine Fuhrimann und Nicole Wirth haben sich Gedanken über diese Fragen gemacht.  

Im Rahmen des aktuellen Austauschs wurde die Frage an uns herangetragen, ob wir Fachpersonen die Bewohnenden nicht zu mehr Aktivität in ihrer Freizeit animieren müssten. Im ersten Moment klingt das nach einer tollen Idee: Wir Fachpersonal organisieren Ausflüge und die Bewohnenden können teilnehmen. Bei der zweiten Betrachtung fördert diese Herangehensweise aber eine «Konsumhaltung» der Bewohnenden, wo sie sich selber nicht organisieren und nur «einsteigen» müssen. Wer sich aber nicht selbst organisiert und Dinge zu planen lernt, der wird auch nur schwer zu eigenen Aktivitäten kommen. Diese Überlegungen zeigen vereinfacht das Spannungsfeld der Freizeitplanung in Wohnhäusern und begleiteten WGs auf.  

Es gibt Bewohnende, die kommen schon mit vielen Interessen ins betreute Wohnen, meistens werden diese bestehenden Hobbys weitergepflegt. Dann kommen aber auch Klienten, welche die freie Zeit recht passiv verbringen, und selten diese Gewohnheit verändern. 

Die grosse Herausforderung in der Begleitung sehen wir darin, dass alle Bewohnenden sehr unterschiedliche Bedürfnisse haben. Für jede Person bedeutet Erholung etwas anderes. Während für manche ein aktiver Tag super energieladend ist, benötigen andere den Rückzug und die Ruhe. Gleichzeitig beobachten wir bei den weniger aktiven Personen aber auch eine fehlende Motivation, erste Schritte zu wagen, Neues auszuprobieren und sich im grossen Freizeitangebot zurechtzufinden. 

Ein relevantes Problem bezüglich der Freizeitgestaltung ist die finanzielle Situation der Bewohnenden. So bekommen viele Klienten in den Wohnhäusern täglich einen fixen Geldbetrag. Während manche sich das Geld gut einteilen können, geht bei anderen das Geld jeden Tag weg. Vor allem bei Bewohnenden, die rauchen, sind die Ausgaben fast schon definitiv eingeplant. Dies führt dazu, dass schon kleinere Kosten von unter 20CHF eine grosse Hürde für Aktivitäten darstellen.  

Mögliche Fragen, welche wir in der Begleitung klären müssten, sind unserer Ansicht nach folgende: 

  • Wie können Aktivitäten angeboten werden, ohne dass die Konsumhaltung gefördert wird?   
  • Wie kann jemand gestärkt werden, seine Zeit in die eigene Hand zu nehmen und an den Freizeitangeboten der Gesellschaft teilzuhaben? 
  • Wie können wir helfen, Ressourcen und Interessen zu entdecken, so dass daraus ein Wunsch auf eine Aktivität entstehen kann?  
  • Wie kann jemand motiviert werden etwas zu erleben, statt Medien zu konsumieren? 

Vielleicht wäre dies ein spannendes Thema für unser nächstes Vivazzo Ethikforum, welches sechsmal im Jahr stattfindet. 

Egal wie die Fragen beantwortet werden und welchen Weg wir zukünftig einschlagen, eines ist klar: Es braucht Zeit, aktiv mit Klienten nach Möglichkeiten zu suchen, wo Interessen und Freuden entstehen könnten. Wesentlich ist unserer Meinung nach der Fokus auf das zu setzen, was möglich ist und nicht auf das, was nicht geht. Denn die Realität ist, dass für Menschen mit Beeinträchtigungen nicht jeder Freizeitwunsch oder jedes Hobby gleich gut durchführbar ist. Dies braucht viel Geduld und vor allem auch das Erkennen der Wichtigkeit dieses Themas. Wir sollten im Heimalltag mit den vielfältigen Aufgaben den Fokus wieder etwas mehr auf das Thema Freizeit lenken, darauf was den Bewohnenden guttut und ihnen Freude bereitet. 

 

Severin Kolb, Marketing & Kommunikation Vivazzo Stiftung

 

Informationen zu unseren Wohnangeboten findest du HIER.